Verein für europäische Binnenschifffahrt und Wasserstraßen e.V.

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Pressemitteilung zum VBW-Bankett 2014

Dr. Karl-Hein Daehre

Den Text der Pressemitteilung können Sie hier auch als PDF-Datei herunterladen.

Minister a.D., Dr. Karl-Heinz Daehre: „Infrastrukturmittel müssen dem Zugriff der Politik teilweise entzogen werden. Einnahmen aus dem Verkehr dürfen nicht länger für andere Begehrlichkeiten verwendet werden.“

„Großbaustelle Deutschland – Wege aus der Infrastrukturkrise“ hieß der Vortrag, den Verkehrsminister a.D. Dr. Karl-Heinz Daehre im vollbesetzen Saal des Hauses der Unternehmer vor Vertretern aus der Logistikwirtschaft, der Industrie, der Verwaltung, und der Forschung anlässlich des diesjährigen Banketts hielt, zu dem der Verein für europäische Binnenschifffahrt und Wasserstraßen e.V. eingeladen hatte.

Im Jahr 2012 kam die unter der Leitung von Herrn Dr. Daehre stehende Länderkommission zur Zukunft der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung in ihrer Bewertung der bisherigen Investitionspolitik zu dem Schluss, dass „sich klar das Bild eines schleichenden und sich bereits beschleunigenden Substanzverzehrs abzeichnet“.

Die Daehre-Kommission bezifferte einen Nachholbedarf der Verkehrswegeinvestitionen auf 7,2 Mrd. Euro pro Jahr auf einen Zeitraum von 15 Jahren, bei Bund, Ländern und Kommunen. Bezogen auf den Bereich der Bundeswasserstraßen besteht ein ungedeckter, jährlicher Nachholdbedarf von 500 Millionen Euro.

Herr Dr. Daehre kritisierte den jahrelangen Substanzverzehr, vor allem die politisch motivierte Umverteilung von Mitteln für Erhalt und Betrieb in Neubauprojekte. „Jeder Euro der im Etat für den Erhalt fehlt, vernichtet zwei Euro an volkswirtschaftlichem Vermögen. Der Wirtschaftsstandort Deutschland und die Mobilität von Personen und Waren werden durch diesen Zustand massiv gefährdet“, machte Daehre deutlich. Deutschland liege bei den Bruttoinvestitionen in die Infrastruktur pro Prozent des BIP mittlerweile deutlich hinter Ländern wie Belgien, Spanien oder Italien.

Vor dem Hintergrund der hohen öffentlichen Verschuldung, die für den Bund 2 Billionen. Euro und für die Kommunen 133 Mrd. Euro beträgt, stelle die Instandsetzung der Verkehrsinfrastruktur eine Herkulesaufgabe dar, die durch die Aufnahme der so genannten „Schuldenbremse“ in das Grundgesetz zusätzlich erschwert werde.

Daehre plädiert für eine „solidarische Finanzierung“ der Infrastruktur. Diese müsse aus einer Anhebung des allgemeinen Verkehrshaushalts bestehen sowie weiteren Komponenten der Nutzerfinanzierung. Er forderte eine Zweckbindung eines Anteils der Einnahmen aus der Mineralölsteuer. Diese Zweckbindung sei seit 1964 gesetzlich geregelt, werde aber regelmäßig durch Parlamentsbeschlüsse ausgehebelt. Sinnvolle Komponenten der Nutzerfinanzierung seien aus Sicht Dr. Daehres eine Ausweitung der LKW-Maut auf weitere Lastenklassen ab 3,5 Tonnen sowie auf Busse. Außerdem schlägt er eine räumliche Erweiterung der LKW-Maut auf alle Bundestraßen vor. Die Einführung einer Infrastrukturabgabe, also einer PKW-Maut, hält Dr. Daehre für unumgänglich. Der aktuelle Vorschlag einer PKW-Maut nur für ausländische PKW hingegen sei völlig unzureichend, da die Erhebungskosten und der bürokratische Aufwand den finanziellen Nutzen bei weitem überstiegen. Mit Bezug auf seinen Vorschlag einer allgemeinen PKW-Maut sagte Daehre, dass er eine allgemeine Bereitschaft in der Bevölkerung erkenne, einen zusätzlichen Beitrag zur Infrastrukturfinanzierung zu leisten. Bereits eine Maut in Höhe eines Euros brächte beträchtliche Mehreinnahmen von 40 Mio. Euro pro Jahr. Um den notwendigen Deckungsgrad zu erhalten, erwartet Daehre jedoch eine jährliche Abgabe von 30-40 Euro pro Fahrzeug, je nach Leistungs- und Emissionsklasse.

Die aus diesem Maßnahmenpaket generierten Mehreinnahmen sollten einem zweckgebundenen Fonds zufließen. Dem Fonds müssten gesetzlich und organisatorisch Aufgaben und Verantwortungen für die Infrastrukturfinanzierung zugewiesen werden. Essentiell sei, dass die Überjährigkeit der Mittel gewährleistet sei. Auch eine stärkere Beteiligung privater Investoren werde so besser möglich. Um für diese Maßnahmen Rückendeckung durch die Bevölkerung zu erhalten, bedürfe es maximaler Transparenz und klarer Regeln. „Wir müssen die so generierten Mehreinnahmen dem Zugriff der Politik entziehen. Sie dürfen nicht für andere Begehrlichkeiten, z.B. der Sozialpolitiker, verwendet werden. Das wäre Abzocke“, spitzte Daehre zu.

Abgaben für die Binnenschifffahrt auf den großen Flüssen erteilte der Minister a.D. eine klare Absage. „An der Mannheimer Akte ist nicht zu rütteln. Für eine Abgabenerhebung auf Rhein und Donau, gibt es in Europa keine Mehrheit“. Auch eine Erhöhung der Kanalabgaben sei aus seiner Sicht nicht förderlich, da sie nicht zu signifikanten Mehreinnahmen, wohl aber zu einer deutlichen Verteuerung des umweltfreundlichen Binnenschiffstransportes führe. Neben der Erhöhung der Mittel gehe es aber auch darum, Einsparpotenziale zu heben.

Einen äußerst wichtigen Beitrag würde aus Sicht Daehres eine Neugestaltung der Planungs- und Vergabeprozesse leisten. „Es kann nicht sein, dass die Prozesskosten mittlerweile die Hälfte der gesamten Projektkosten ausmachen. Wir müssen die Prozesse so gestalten, dass alle rechtlichen Fragen mit Beginn des Planfeststellungsverfahrens unumstößlich geklärt sind“, erläuterte Dr. Daehre.

VBW-Präsident Heinz-Josef Joeris lobte den Redner für seinen Mut auch unpopuläre Themen anzusprechen und für die Ausgewogenheit seiner Vorschläge. Er appellierte an Politik und Verwaltung die gewonnenen Erkenntnisse zu nutzen und alles Notwendige dafür zu tun, damit diese eine reelle Chance auf Umsetzung erfahren.

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